Leben im Technotop - Technosophie

Technosophie

Zielsetzung der Technosophie

Der Neologismus «Technosophie» wird als jene «Weisheitslehre von den Techniken» eingeführt, die die poiëtische Vernunft in den Mittelpunkt einer philosophisch-kritischen Würdigung rückt. Die Bezeichnung «Technikphilosophie» wird vermieden, weil sie zu dem Irrtum verleitet,daß es sich bei einer Philosophie der Technik um eine bloße Teildisziplin der Philosophie mit einem ebenso eingeschränkten wie obskuren Gegenstandsbereich namens «Technik» handele.

Das Programm der Technosophie dient der Vorbereitung einer Theorie der Technik. Dazu ist einerseits die vom Menschen bewohnte, technomorph ausgestaltete Weltregion ­ das Technotop ­ in seiner Struktur und in seinem Verhalten zu sichten und andererseits die technologische Konstruktion der Wirklichkeit in ihren Grundzügen anzureißen.
Dies erfolgt ausgehend von dem Postulat, daß die Welt im Sinne eines technologischen Konstruktivismus herstellbar ist. Die Frage, ob sie vollständig erkennbar rsp. zirkulierend verstehbar oder auch gerecht veränderbar ist, tritt demgegenüber zurück.

Die Technosophie soll die methodische Erarbeitung der Grundlagen des Technotops ermöglichen. Die Sache des Technischen selbst ist nun einerseits phänomenologisch zu beschreiben und andererseits mit analytischer Exaktheit auf den Begriff zu bringen. Aus dieser spezifischen Konstellation theoretischer Zugänge heraus können verschiedenartige, sich komplementär ergänzende Sichtweisen auf das Technotop systematisch versammelt und in einem geeigneten Begriffsschema zusammengefügt werden.

Jenes verknüpfend Versammelnde, das die divergenten Ansichten vom Technotop unter den jeweils verschiedenen Hinsichten zusammenbringt, ist gewissermaßen das sorgsam entschleierte und beleuchtete Ge-Sicht des Technotops ­ formiert als eine Prototheorie.

(3) Der Technosophie geht es darum, Antworten auf die Frage Was ist Technik? zu suchen und dabei die Fragestellung zu präzisieren.
Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier die wichtigsten Fragestellungen genannt:

0. Die Frage nach dem Wesen(tlichen) der Technik und dem ontologischen Status der Wirklichkeit (Kritik der poiëtischen Vernunft)
1. Die Frage nach den Geltungsbedingungen technischer und konstruktiver Regeln sowie der technologischen Urteilskraft (Wissenschaftstheorie vom technischen Gestalten)
2. Die Frage nach den Nutzungsbedingungen und Einsatzkriterien technischer Artefakte (Theorie des technischen Risikohandelns)
3.1 Die Frage nach einer Systematik des Technischen (Typen und Sphären technischer Artefakte und technischen Handelns)
4. Die Untersuchung der Lebensbedingungen im Technotop (Technosophische Anthropologie)
3.2 Die Frage nach den Gestaltungsformen ­ intentionaler Raum und gemessene Zeit ­ als Konstituenzien der technologischen Konstruktion der Wirklichkeit (technologischer Konstruktivismus)

(2) Alle philosophischen Fragestellungen sind demnach in einen technischen Horizont eingeordnet, so daß «Technikphilosophie» nicht eine philosophische Disziplin unter anderen mit dem Gegenstandsbereich «Technik», sondern eine spezifische Art und Weise des Philosophierens ist.
Diese philosophische Weise, unsere Zeit in Gedanken zu fassen, habe ich mit dem Neologismus «Technosophie» betitelt.